Welche Bücher landen eigentlich in der Buchhandlung? Welche werden von Buchhändlern besonders oft bestellt und welche werden nur mit einem Exemplar ins Regal gestellt? Diesen Fragen bin ich für die heutigen Sonntagsgedanken nachgegangen. Dafür habe ich ein Gespräch mit Franziska Stocker geführt. Sie ist Besitzerin vom Kulturhaus Bider & Tanner, welches unter anderem meine Buchhandlung des Vertrauens ist. Sie arbeitet unter anderem auch in der Jugendbuchabteilung. Ich möchte mich schon jetzt ganz herzlich bei ihr bedanken! Und nun viel Spass beim Lesen!
Vorschauen, Newsletter & Werbung
Aufmerksam auf Neuerscheinungen werden Buchhändler mit Hilfe von Verlagsvorschauen und -newslettern. Derzeit sind die Vorschauen teilweise noch in Printform, aber immer mehr Verlage steigen auf reine Digitalvorschauen via VLB-TIX um.
In Vorschauen preisen Verlage ihre neuen Titel an. Wie bereits in meinem Artikel über Verlagsvorschauen berichte ich, wie diese aufgebaut sind.
Auf was achten Buchhandlungen denn nun in einer Vorschau?
Titel bei denen steht: New York Times Bestseller oder Spiegel Bestseller oder dass der Autor/die Autorin einen bekannten Preis gewonnen hat, werden in grösseren Mengen bestellt. Denn das bedeutet, dass der Autor/die Autorin bereits einen Namen, eine grössere Fangemeinde und die Aufmerksamkeit der Medien hat. Genauso ist es mit angekündigten Verfilmungen.
Genauso ist es mit Überschriften wie: Für Fans der „…..“ Reihe oder „ähnlich beeindruckend wie der Roman von ….“ Wenn ein neues Buch mit älteren sehr erfolgreichen Büchern in Verbindung gebracht wird, kann das ausschlaggebend für eine Bestellung sein, da man da als Buchhandlung bereits Fans dieser Bücher dieses neue Buch empfehlen kann. Allerdings vergleicht man da auch immer die Verkaufszahlen dieses bekannten Vergleichs, denn wenn dieser sich gar nicht so gut verkauft hat, wie angepriesen, verkauft sich vielleicht auch das neue Buch nicht so gut.
Wenn der Verlag bereits in der Vorschau eine grosse Werbekampagne anpreist und eine hohe Medienpräsenz verspricht, reagiert man als Buchhandlung und bestellt den Titel in höherer Menge. Denn dadurch gibt es viele Kunden, welche den Titel bereits irgendwo gesehen haben und wenn er dann in der Buchhandlung ausliegt, verkauft sich so ein Titel gut. Die Buchhandlung muss selbst weniger aktiv Werbung für ein Buch machen und kann trotzdem gut verkaufen.
Andere Bücher ohne grosse Werbung werden lieber nur ein paar Mal an Lager bestellt und ins Sortiment genommen, denn wenn das Buch sich nicht verkauft, macht man weniger Verlust und verbraucht weniger Platz und wenn das Buch sich überraschenderweise doch gut verkauft, dann sind mehr Exemplare innerhalb von 24 Stunden wieder in der Buchhandlung.
„Je kleiner ein Buchladen ist, desto schwieriger ist es zu bestellen.“ sagt Franziska Stocker im Gespräch. Es wird schwieriger auch unbekanntere Titel in die Regale zu nehmen, da diese sich eventuell gar nie verkaufen. Eine kleine Buchhandlung kann nur dann ein breites Sortiment haben, wenn die Kunden aktiv mit Geheimtipps beraten werden. Ansonsten lohnt sich nur der Einkauf von Spitzentiteln und Bestsellern. Für Bider & Tanner, welche über eine sehr grosse Ladenfläche vermieten kein Problem. Bei ihnen findet sich von Bestseller über Geheimtipp alles.
Bei Reihen und Trilogien schaut die Buchhandlung darauf, wie sich der letzte Band verkauft hat. Wenn er sich sehr gut verkauft hat, kann man davon ausgehen, dass ein Interesse an Band 2 besteht und der Titel wird sicher in grösseren Mengen bestellt. Nur mittelmässige Verkäufe von Band 1 führen oft zu keiner Bestellung von weiteren Bänden, da nur wenig Interesse daran besteht. Auch hier gilt: das Interesse der Kunden mit den Verkaufszahlen vergleiche und entscheiden.
Medienpräsenz
Franziska Stocker sagt ganz klar: „Alles was in den Medien besprochen wird, muss in der Buchhandlung ausliegen.“ Natürlich ist die Rede hier von regionalen und nationalen Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen, welche die Kunden der Buchhandlung auch konsumieren. Denn egal welches Buch irgendwo ins Gespräch kommt, man kann darauf zählen, dass irgendjemand danach fragt. Als gute Buchhandlung kann man die Kunden für sich gewinnen, wenn diese Titel dann auch bereits in der Buchhandlung ausliegen und nicht extra noch auf Anfrage des Kunden bestellt werden müssen. Genauso ist es mit lokalen Büchern und Autoren/Autorinnen. Viele Kunden reagieren auf diese Bücher und ein Ausliegen in der Buchhandlung ist ein absolutes Muss!
Genauso funktioniert es mit Veranstaltungen, Events und Geburtstagen. Die Royale Hochzeit in England ist das beste Beispiel. Eine ständige Medienpräsenz, hohes Interesse vieler Personen führen dazu, dass eine Buchhandlung Titel zu dem Thema anschafft und die Kunden diese dann auch einkaufen.
Bewerbung der Bücher im Laden
Eine Buchhandlung muss innovativ und kreativ sein, damit die Kunden regelmässig kommen. Pappaufsteller und Poster werden nur noch selten genutzt. „Es ist langweilig, wenn in jeder Buchhandlung das gleiche zu sehen ist.“ meint auch Franziska Stocker und ist sich sicher, dass eine Buchhandlung die Kunden mit eigenen Ideen viel mehr begeistern kann. Wenn zum Beispiel gleich mehrere Titel zu einem Thema erscheinen, wird ein Tisch dazu gestaltet.
„Buchhandlungen können Besteller machen.“ sagt sie ebenfalls. Titel, welche einen Buchhändler begeistern, kann er durch geschicktes Platzieren an die Kunden bringen und so kleine Bestseller schaffen. Hierbei ist jedoch wichtig, dass trotzdem zu beachten ist, was die Kunden wollen. Wenn sich so ein Titel trotz toller Präsentation nicht verkauft, hat er wieder zu verschwinden.
„Man kauft für die Kunden und nicht für sich selbst ein“ ist eine weitere spannende Aussage von Franziska Stocker. Nur weil man selbst ein Buch nicht mag, heisst das nicht, dass es auch dem Kunden nicht gefällt. Genauso wichtig ist es, dass man niemandem einen Titel aufschwatzt. Wenn der Kunde nach einem Titel fragt, darf man seine persönlichen Tipps gerne weitergeben, wenn der Kunde sich aber nicht für die Thematik interessiert zählt: „Der Kunde entscheidet und nicht der Geschmack des Buchhändlers.“
Bei aktuellen Titeln zählt also nur eines: es soll die Kunden interessieren, sie bewegen und begeistern. Das Interesse wird durch Medien und Werbung geweckt. Als Buchhandlung hat man den Spielraum für eigene Tipps und das ist auch sehr wichtig, aber eine gute Mischung ist am Ende entscheidend. Verlage entscheiden also auch im Buchhandel, denn fast nur die Titel welche sie gut bewerben, werden von den Buchhandlungen in hohen Mengen bestellt. Trotzdem gilt für Franziska Stocker: „Lieber kleine Mengen von einem Buch, dafür viele verschiedene und nicht bloss auf Hypes und Bestseller setzten! Eine grosse Auswahl gibt jedem Kunden die Möglichkeiten etwas für sich zu finden.“
Mit diesem Statement möchte ich diesen Artikel gerne beenden und würde mich freuen, eure Meinung zu dem Thema zu hören. Schreibt mir gerne in die Kommentare, wie euch der Beitrag gefallen hat und ob ihr etwas Neues lernen konntet. Ich persönlich habe beim Gespräch mit Franziska Stocker sehr viel Neues gelernt und möchte mich an dieser Stelle nochmals ganz herzlich bei ihr und dem Kulturhaus Bider & Tanner bedanken!
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