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Kulturelles Netzwerken zu Lewis Capaldi – Baloise Session 2022

Endlich. Die Baloise Session hat ihre Tore nach drei Jahren Pause wieder für Musikfans und Geschäftsmenschen geöffnet. Die Hochphase des kulturellen Networken.  In diesem Jahr begeisterte das Publikum ein hochkarätiges Line Up mit einem Mix aus Genres.

Beim Betreten merke ich gleich, dass ich zu den jüngsten zähle. Dabei performt Superstar Lewis Capaldi, der allein auf Spotify auf seinem Hit «Someone You Loved» mehr als 2.5 Milliarden Streams hat. Im Eingang werden Pralinen verteilt, es gibt ein Catering, Gasparini taucht prominent zwischen Bier und Wein auf. Perlenketten, Goldketten und Lederschuhe. Es gibt keinen Dresscode und trotzdem ist Business Chic Standart. Wir betreten den Konzertsaal. Clubtische mit jeweils sechs Stühlen, einem Kühlgefäss, Gläsern und einer Kerze stehen darauf. Die Bühne leuchtet in Blau und Violett.

Lewis Capaldi & ZIAN – Poeten

Als Poeten werden die beiden angekündigt. ZIAN der einzige Basler im Line Up eröffnet mit spaktakulärer Musik, die auch gut als Soundtrack für den nächsten Blockbuster dienen könnte. Ob Englisch oder nicht ist  schwer zu sagen. Die Aussprache ist undeutlich, der Mix überdreht. Das Publikum trotzdem begeistert.

Lewis Capaldi begeistert ebenso musikalisch. Aus dem Stand heraus singt er eine Ballade nach der nächsten und irritiert den Saal dazwischen mit seinem Humor. Mit der Zeit gewöhnen wir uns aneinander, es wird gelacht und die Fans stehen vor der Bühne. Er ist unscheinbar und hat keinerlei Starallüren und vielleicht macht ihn gerade das so nahbar und seine Musik so authentisch.

Zoe Wees Eine starke, junge Schwarze Frau vor einem weissen, alten reichen Publikum. Gegensätze treffen sich.

Ein relativ neuer Stern am Musikhimmel ist die Hamburgerin Zoe Wees. Via Social Media hat sie ihren ersten Hit gelandet und begeistert seitdem ein internationales Publikum. Auftritte in US-Talkshows. Sie singt Hit nach Hit, ihre Stimme eine Wucht, die Show gut. Die Stimmung zwischen ihr und ihrem Team gut, das Publikum lebendig. Es wird viel geredet während sie singt.

Junge Mädchen stehen ganz vorne. Sie blicke auf zu einer jungen, Schwarzen Frau, die über den Zusammenhalt von Frauen singt, über Schmerz und davon nicht die Kontrolle zu verlieren.

Sie spricht über das Aufwachsen ohne Vater. Die Texte sind ehrlich, die Musik eingängig.

Als sie den nächsten Song ankündigt und erzählt wie sie ihn für ihre Grossmutter, die sie vor kurzem verloren hat, geschrieben haben, lachen die beiden Frauen vor mir. Sie haben allgemein schon den ganzen Abend und Auftritt kommentiert.

«Zuerst der Vater und jetzt auch noch die Grossmutter. Was kommt als nächstes?» meint die eine lachend zu der anderen. Ich bin schockiert. Da steht eine junge Frau auf der Bühne und teilt persönliche Themen mit uns und es wird gelacht. Ich werfe ihnen einen bösen Blick zu. Eigentlich hätte ich etwas sagen wollen. Kunstschaffende werden oft als reine Unterhaltung gesehen, aber das sind Menschen mit Geschichten und auch wenn wir eher zum Plaudern und Gesehen zu werden das Konzert besuchen, so darf der Respekt trotzdem nicht fehlen.

Zoe Wees ist gut. Richtig gut. Nicht ohne Grund steht sie bereits nach so kurzer Zeit auf dieser Bühne.

Zoe Wees - Baloise Session
Dominik Plüss – Credit Foto

Zaz – Mit Liebe gegen das System und den Kapitalismus

Zaz eröffnet ihr Konzert mit einem Lied über die schönen Momente des Lebens, das Glück im Kleinen, die Tage, die das Leben lebenswert machen. Sie tanzt dabei durch das Publikum in einem schwarz, glitzernden Einteiler und für einen Moment habe ich Hoffnung. Die Französin versucht die Menge zu beleben, ihnen Energie und ein Lebensgefühl einzuhauchen. Doch bereits als sie auf der Bühne steht und uns einlädt an einem ihrer Rituale teilzuhaben, löst sich die Lockerheit. Zaz zündet ein Streichholz an, spricht sich für Liebe, Frieden und Zusammenhalt aus und wirbelt den kleinen brennenden Stab durch die Luft während sie Windgeräusche in ihr Mikrofon bläst.

Es folgen Songs. Bekannte, neue. Die Fans stehen vorne, eine kleine Gruppe mittendrin. Das Publikum wirkt aufmerksam, aber still. Es wird höflich geklatscht. Ich bin währenddessen vollkommen in ihrem Bann. Höre ihr zu, singe mit und halte Händchen mit einem Mann. Hinter mir küssen sich zwei Frauen. Ihr Auftritt ist von erster Klasse. Die Liebe spürbar.

Trotzdem ist es bizarr, wie die ehemalige Strassenmusikerin mit ihrer Energie, dem Tanzen und dem ständigen Suchen an Kontakt zum sitzenden Publikum gegen eine Wand rennt. Der Zauber liegt über ihnen, will sie aber nicht in diesen Zustands des Glücks holen. Sie ist kein Rockstar, sondern eine Frau, die ihre Kunst liebt und lebt. Sie drückt ihre Gefühle aus, etwas, was ein Grossteil des Publikum nicht zu vermögen scheint. Der Abend und damit meine Besuchsreihe der Konzerte endet mit einer Zugabe und dem Überreichen eines Blumenstrausses von Beatrice Blabla an Zaz.


Die Baloise Session ist ein einzigartiges Musikerlebnis und nicht ohne Grund, ist die Konzertreihe international renommiert und eine Ehre für viele Kunstschaffende, die auf ihrer Bühne stehen. Sie ist aber auch ein Werbeträger und Netzwerkevent für Firmen und Geschäftsleute und wird dadurch weniger zum Kulturerlebnis als solches. Ich wünsche mir von diesem Publikum mehr Aufmerksamkeit und Respekt für die Kunst und die Personen auf der Bühne. Manchmal reicht ja schon ein Reinhören in eines der Alben vor dem Konzert. Schliesslich sind die Konzertticket, die zumal fast alle über 100 Franken kosten, für viele Fans nicht bezahlbar. Lassen wir uns also gemeinsam auf das magische Erlebnis ein und hören einander wieder mehr zu.


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