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“Deutschsprachige Bücher werden selten Spitzentitel?” | Sonntagsgedanken #28

Einen wunderschönen Sonntag euch allen. Heute geht meine Reihe rund um Spitzentitel, Verlage und den Buchhandel weiter. Vor zwei Wochen ging es darum, weshalb wir schlussendlich doch immer wieder bei Spitzentiteln landen, auch wenn wir das gar nicht wollen.

Heute will ich euch ein bisschen Näher bringen, wie ein Verlagsprogramm eigentlich entsteht. Welche Titel, welche Werbemassnahmen kriegen und weshalb deutschsprachige Autoren es nicht so leicht haben mit ihren Büchern zu Spitzentiteln ernannt zu werden.

Achtung! Wie immer: ich bin kein Spezialist auf diesem Gebiet. Ich habe für diese Reihe einige Fragebögen an grosse Publikumsverlage geschickt, welche mir helfen. Ansonsten analysiere ich, was ich sehe. Es gibt immer Ausnahmen. Ich will keinen Verlag angreifen, sondern nur versuchen zu zeigen, wie die Buchwelt derzeit funktioniert.

So ist ein Verlagsprogramm aufgebaut:

Ein typischer grosser Publikumsverlag gibt zwei bis drei Programme pro Jahr raus. Meist eins im Frühjahr und eins im Herbst, ganz grosse Verlage haben teilweise auch ein Winterprogramm. Diese Programme werden ca. ein Jahr vorher geplant. Etwa drei Monate vor Erscheinen des ersten Titels aus dem Programm werden Vorschauen an Buchhandlunge, Presse und Blogger geschickt. In diesen Vorschauen wird bereits ganz klar gezeigt, welche Bücher Spitzen-, Schwerpunkt- oder normaler Programmtitel sind.

Auf den ersten Seiten einer Vorschau wird jeweils der Spitzentitel eines Verlags vorgestellt. Mehrere Seiten mit Texten über Werbemassnahmen, Vorstellung des Buches und des Autors. Niemand soll den Titel übersehen!

Als nächstes folgen die sogenannten Schwerpunkttitel. Diese Bücher sind die Bücher mit der zweitgrössten Marketing Kampagne.

Dann folgen Titel normale Programmtitel, welche mal mehr mal weniger Platz bekommen, kommt ganz darauf an, wie gut der Titel sich verkaufen muss.

Spitzentitel

Es gibt insgesamt vier Arten von Spitzentiteln. Ich werde euch alle vier erläutern und dabei Beispiele nenne. Spitzentitel sind die Bücher, welche Gewinn machen und Bestsellerplatzierungen erreichen sollen. Es ist das wichtigste Buch für einen Verlag da damit Geld gemacht wird.

  1. Der Lizenz-Bestseller

Verlage kaufen Titel aus anderen Ländern ein um sie dem deutschen Publikum zu verkaufen. Diese Lizenztitel werden zu Spitzentitel erklärt, wenn sie zum Beispiel in anderen Ländern bereits grosse Erfolge feiern konnten, eine Verfilmung in Planung ist oder sie ein hochaktuelles Thema behandeln. Als Beispiele kann man da: „The Hate U Give“, „Dumplin“ & „One Of Us Is Lying“.

Bei diesen Titeln gehen die Verlage nur ein sehr kleines Risiko ein. Denn auch wenn der Titel es nicht auf einer Bestsellerliste schafft, wird sich der Titel verkaufen, da der Titel schon genügend Werbung aus dem Ausland mitbringt.

  1. Der Dauer-Spitzentitel

Das sind Bücher von sehr erfolgreichen Autoren mit einer grossen Fangemeinde. Egal was der Autor für ein Buch veröffentlicht, es bekommt die grösstmögliche Werbekampagne und wird jeder Buchhandlung aufgedrängt, gleichzeitig hat der Verlag auch eine Garantie, dass sich das Buch verkaufen wird, da eine grosse Fangemeinde existiert. Das Ziel des Verlags ist so viel wie möglich zu verkaufen. Als Beispiel-Autoren: Cecelia Ahern, Kerstin Gier & Sebastian Fitzek. Hier geht der Verlag niemals ein Risiko ein. Der Titel wird auf der Bestsellerliste landen.

  1. Der „Belohnungsspitzentitel“

Das sind Bücher von Autoren, welche schon einige Bücher veröffentlicht und sich einen Namen sowie beachtliche Verkaufszahlen gemacht haben. Es hat vielleicht nie für die Bestsellerlisten gereicht, aber der Verlag beschliesst den Autor zu „belohnen“ in dem er sein neuestes Buch zum Spitzentitel erklärt. Als Beispiel die Autoren Jennifer Wolf, Emily Bold und Ava Reed.

Hier geht der Verlag ein gewisses Risiko ein. Denn auch wenn der Autor bereits eine Fangemeinde hat, kann es sein, dass diese nicht ausreichend um den Titel erfolgreich genug zu verkaufen.

  1. Der Newcomer

Der seltenste Spitzentitel ist der Newcomer-Spitzentitel. Ein Verlag setzt in das Buch eines unbekannten deutschsprachigen Autors sein ganzes Vertrauen. Bei diesen Spitzentitel kann weder mit Verkaufszahlen anderer Bücher des Autors, Bestsellerlisten noch mit Pressestimmen oder einem Autorennamen geworben werden. Der Verlag muss sehr viel Geld in das Marketing stecken um das Buch überhaupt mal bemerkbar zu machen. Beispiele: „Totenweg“ & „Bannwald“.

Diese Spitzentitel stellen das grösste Risiko für Verlage dar, da es durchaus sein kann, dass so ein Titel floppt. Dementsprechend kann es auch Aufstieg und Fall eines Autors sein, bevor die Karriere gestartet ist.


Neue deutschsprachige Autoren haben es dementsprechend schwer ihre Bücher als Spitzentitel zu verkaufen. Denn Verlage setzten leider viel zu oft auf Lizenztitel oder die immer gleichen Autoren.

Schwerpunkttitel

Das sind Titel, welche nicht ganz so stark beworben werden wie Spitzentitel, welche aber auch für die grosse Masse veröffentlicht werden und dementsprechend gute Verkaufszahlen bringen sollen. Wie bei den Spitzentiteln gibt es bis auf den Dauer-Spitzentitel alle drei Kategorien. Bei Schwerpunkttitel kommt es öfters zu Newcomer Titeln, da diese da nicht ein ganz so grosses Risiko darstellen.

Normale Programmtitel

Das sind Titel, welche ein durchschnittliches Werbebudget bekommen, da sie entweder Selbstläufer sind (Nora Roberts, Susanne Fröhlich, Harlan Coben) oder nur kleine Gewinne einbringen müssen um sich für den Verlag zu rechnen. Bei normalen Programmtiteln kommt es durchaus zu Bestsellern, wenn der Autor zum Beispiel wie oben genannt, ein Selbstläufer ist. Es sind die ganz normalen Titel, welche sich teilweise durch Mund zu Mund Propaganda zu Bestsellern entwickeln und manchmal eben nicht.

„Programmfüller“

Diese Titel leisten sich nur die wenigsten Verlage. Natürlich werden diese nicht so genannt, aber besonders in grossen Publikumsverlagen gibt es sie eben. Es sind Titel, welche sich ohne grosses Marketing verkaufen sollen. Die Bücher müssen nur einen kleinen Gewinn abwerfen, damit sie sich für Verlage rechnen. Viele Verlage setzten dabei auf Bücher mit sehr aussergewöhnlichen Themen für eine kleine Zielgruppe, Lizenztitel, welche kaum Geld kosten und Debütautoren, welche eine Chance kriegen so Fuss zu fassen in der Buchwelt. Oftmals floppen diese Bücher jedoch. Diese Titel finden sich nur in geringer Anzahl (wenn überhaupt) in den Buchhandlungen.


Es ist ganz schön schwierig gewesen, das alles zusammenzufassen. Ich bin mir sicher, dass es überall noch Ergänzungen gibt und vielleicht das ein oder andere nicht ganz richtig formuliert ist, aber ich hoffe trotzdem, dass ihr versteht, wie ein Verlag sein Programm aufbaut.


Verlage wollen Geld verdienen und gleichzeitig Vielfalt präsentieren. Deshalb finden sich oft Mainstream Titeln unter den Spitzentiteln, da sich diese in der breiten Masse oftmals gut verkaufen. Ich freue mich wenn sich Verlage etwas wagen und deutschsprachigen Autoren eine Chance geben. Trotzdem dürfen wir nie vergessen, das Verlage letztendlich auch nur Geld verdienen wollen. Wie lange die Taktik der Verlage jedoch noch aufgehen wird, zeigt sich.

Ich bin mir sicher, dass Verlage wieder mehr auf deutschsprachige Autoren setzten sollten, da diese Lesernahe sein können und sich dadurch sogenannte Autoren-Marken aufbauen lassen. Hier dient als Beispiel Kerstin Gier mit internationalen Bestsellern, Mona Kasten mit einer riesigen Fangemeinde und Sebastian Fitzek, welcher mittlerweile einen Promistatus erreicht hat.


Schreibt mir jetzt doch gerne, wie ihr das seht. Könnt ihr mir zustimmen? Was wünscht ihr euch von Verlagen? Seid ihr auch der Meinung, dass Verlage zu viel auf Lizenztitel setzten? Welcher Autor hätte eurer Meinung nach einen „Belohnungsspitzentitel“ verdient? Ab in die Kommentare damit! Ich freue mich darauf.


Kommentare

4 Antworten zu „“Deutschsprachige Bücher werden selten Spitzentitel?” | Sonntagsgedanken #28“

  1. Lieber Josia,

    was für ein faszinierender Blick hinter die Kulissen! Ich kenne einen Großteil der Titel und Autor*innen, die du hier ansprichst, deshalb war es unglaublich spannend, zu lesen, welches System dahintersteckt, wie diese Buchtitel beworben werden. Danke für deine Mühe – ich werde Verlagsvorschauen jetzt ganz sicher anders betrachten!

    Alles Liebe
    Isabella

    1. Liebe Isabell

      Vielen herzlichen Dank. Mich selbst hat dieses Thema auch sehr interessiert und es war für mich spannend, diesen Beitrag zu schreiben und mithilfe der Fragebögen und Verlagsvorschauen, das System zu analysieren.

      Liebe Grüsse

      Josia

  2. Hallo Josia,

    ein echt toller Beitrag, der mal ein bisschen erklärt wie alles so abläuft. Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast!
    Ich muss sagen, dass mich die Sache mit den Spitzentiteln manchmal ziemlich nervt. Klar, bringt das großen Gewinn ein, aber dadurch hat man als kleiner Autor überhaupt keine Chance und ich kenne einfach so viele Bücher, die keiner kennt, weil sie eben kaum zu finden sind und in der Buchhandlung nicht groß präsentiert werden.
    Das mag jetzt böse klingen, aber manchmal hoffe ich, dass die Spitzentitel floppen. Denn dann merken die Verlage vielleicht, dass es nicht auf die Bekanntheit ankommt, sondern eher auf die Story.

    Liebe Grüße
    Navika

    1. Liebe Navika

      Entschuldige, dass ich erst jetzt antworte. Zuerst einmal Danke!!!
      Ich verstehe was du meinst und denke teilweise auch so, besonders wenn die Spitzentitel dann eh nur Lizenztitel sind. Ich freue mich einfach für jeden deutschsprachigen Autor, wenn er/sie die Chance bekommt.

      Liebe Grüsse
      Josia

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