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Nemo Interview ESC 2024, Nicht Binär, Non Binary Artists, Nemo In Love?

Interview Nemo: Nicht Binär, ESC & Verliebt sein

«I gloube das bisch du» damit hat Nemo sich mit 18-Jahren in die Herzen vieler Fans gesungen und landetet damit auch auf Platz 4 der Schweizer Hitparade. Mittlerweile ist Nemo 24, lebt in Berlin, singt auf Englisch und bezeichnet sich als nicht-binär. Nemo tritt 2024 zudem für die Schweiz beim ESC an. Ich habe Nemo zum Interview in einem Berliner Café getroffen.

Beim Ankommen sitzt Nemo bereits mit einem Kaffee da, die Kleidung ist bunt, das Gesicht strahlt und die Nägel glänzen silbern und lang. Eine Umarmung zur Begrüssung, ein kurzer Austausch darüber, wie es uns geht. Zuletzt haben wir uns in einer Berliner Dachwohnung zu einem Spieleabend mit Freunden getroffen. Nemo fragt, wie es mir geht und legt das Handy beiseite. Wir reden über gemeinsame Bekannte, dann bestelle ich mir selbst einen Cappucino und räuspere mich. Ich bin hier, um Fragen zu stellen. Nemo grinst, ich drücke den Aufnahmeknopf.

Nemo Interview ESC 2024, Nicht Binär, Non Binary Artists, Nemo In Love?
by Ella Mettler

Wie geht es dir?

Ganz gut. Im Moment ist viel los. Ich bin oft unterwegs, habe neue Musik veröffentlicht, war Teil von TV Produktionen und demnächst steht das wohl grösste Kapitel meiner Karriere an.

Früher hast du auf Schweizerdeutsch gesungen und damit auch ziemlich grossen Erfolg gehabt. Weshalb der Wechsel zum Englischen?

In meinen frühen Teenagejahren habe ich Cover-Versionen von Songs auf YouTube gepostet, dann irgendwann angefangen erste Songtexte auf Schweizerdeutsch zu schreiben und dann passierte alles relativ schnell. Als ich 16 oder so war, habe ich den ersten Plattenvertrag unterzeichnet, kurz darauf erste Songs und eine EP veröffentlicht. Das lief alles super und hat mir auch Spass gemacht, aber als dann die zweite Schweizerdeutsche EP rauskam, da war ich erst 19 Jahre alt, habe ich für mich realisiert, dass ich mich in der Wahl der Sprache und auch generell im kreativen Prozess noch gar nicht festlegen will und dies in Zukunft auch gar nicht muss. Ich möchte Neues lernen und ausprobieren – zudem liegt mir die englische Sprache aufgrund familiärer Wurzeln in den USA auch sehr nahe.

Deine englischen Texte sind persönlicher. Deine Geschichte und Gefühle sind spürbar. In einem deiner neusten Songs «This Body» singst du über deinen Körper und Identität. Was steckt dahinter?

Das Thema beschäftigt mich seit vielen Jahren, deshalb existierten darüber schon länger Notizen und Songideen. Ich greife dann oft erst Monate oder Jahre später wieder auf diese Ideen zu und entscheide, ob mich das Thema noch beschäftigt und mir die Songidee gefällt. Bei «This Body» lagen zwischen den ersten Skizzen und der Veröffentlichung zwei Jahre. Beim Prozess habe ich unteranderem mit der New Yorker Schriftstellerin und Poetin Jane Lecroy am Song gearbeitet. Dadurch habe ich nochmals besser verstanden, wie viel Tiefe und Bedeutung durch präzise Wortwahl gewonnen werden kann.

Du hast den Song Release zum Anlass genommen, dich medial als nicht-binär zu outen. Was war der Grund damit zu diesem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit zu gehen?

Der Prozess meine eigene Identität zu verstehen, dauerte mehrere Jahre und zuerst habe ich mich allein damit auseinandergesetzt. Als ich mich gegenüber meiner Beziehungsperson und später auch in meinem familiären Umfeld das erste Mal geöffnet habe, war das ein grosser Schritt für mich. Ich habe viel Unterstützung erhalten und somit realisiert, dass mich das Thema nicht loslässt, sondern eher mehr Raum einnimmt und sich dies auch in meinen Songtexten widerspiegelt. Für mich war eine Dissonanz spürbar und mir wurde klar, dass ich dies mit der Öffentlichkeit teilen möchte, gerade weil ich in Fernsehformaten, auf Festivals und Shows auftrete und es mein Wunsch ist dort ebenfalls mich selbst sein zu können. Deshalb war dies für mich der richtige Zeitpunkt dazu.

“Mein Wunsch ist, mich selbst sein zu können”

Deine Sounds, deine Persona und deine Auftritte zeigen deine Facetten. Hast du Angst in ein Muster zu fallen?

Es passiert ziemlich einfach, dass man sich selbst verliert. Wir sind oft ein Produkt dessen, was Menschen uns spiegeln, wie sie uns sehen und wahrnehmen. Darum war für mich auch so wichtig, zu sagen, dass ich mehr bin als bloss die Version von mir, die Mundart Musik gemacht hat und auch mehr, als wie Medien mich zu Beginn meiner Karriere dargestellt haben. Darum war der Szenewechsel nach Berlin wichtig und hilfreich, um zu verstehen, ich bin nicht daran gebunden, für immer nur eine Version von mir selbst zu sein.

Nemo Interview ESC 2024, Nicht Binär, Non Binary Artists, Nemo In Love?
by Ella Mettler

Schweiz, Berlin oder doch LA. Du lebst seit ein paar Jahren in der deutschen Hauptstadt, bist aber auch sonst viel in der Welt unterwegs. Hat das auch zum Ziel mit deiner englischen Musik den internationalen Markt zu erobern?

Es ist immer eine Herausforderung im internationalen Musikmarkt Fuss zu fassen. Natürlich kann das ein Ziel sein, aber tatsächlich ist Berlin oder auch LA für mich auch auf persönlicher Ebene sehr wichtig. Hier habe ich so ein großartiges und queeres Umfeld, ich muss mich nicht erklären und habe so viel über mich und unsere Gesellschaft zu verstehen gelernt, durch Gespräche und Begegnungen. In Berlin muss ich die Safe Spaces nicht suchen, sie befinden sich gefühlt an jeder Strassenecke und auch ein halbes Jahr in LA zu leben, hat meinen Horizont erweitert und erkennen lassen, dass es andere Menschen wie mich gibt. Ich weiss, dass es diese Orte in der Schweiz auch gibt, aber oftmals (noch) nicht in dieser Dichte und Natürlichkeit.

Viel unterwegs zu sein, ist Teil deines Jobs. In deiner zweiten Single «Falling Again» singst du von Telefonaten, Vermissen und Liebe. Für ein Video dazu hast du deine Fans gefragt, sich beim Videocall mit ihnen wichtigen Menschen aufzuzeichnen. Was bedeutet der Song für dich?

Sowohl «This Body» als auch “Falling Again” sind zwei Songs, die mir extrem wichtig sind und die ich unbedingt noch veröffentlichen wollte, bevor in diesem Jahr noch andere Projekte anstehen. Der Song beschreibt das Gefühl bei einem Facetime Call mit einer wichtigen Person. Ich habe das in Los Angeles besonders gebraucht und gespürt, wie viel ich daraus ziehen kann, auch wenn eine riesen Distanz zwischen uns liegt. Aber es geht nicht bloss um Liebe und Beziehung. In den letzten Jahren habe ich meine Freundschaften noch viel mehr zu schätzen gelernt und auch Telefonate mit besten Freunden haben etwas bestärkendes.

Du bist in der neuen Staffel von Sing meinen Song zu sehen – wie war die Teilnahme?

Zuerst war ich schon nervös und habe mir so viele Gedanken gemacht, wie es wird. Es war ein intensives Erlebnis. Verschiedene Geschichten, Menschen und Emotionen kommen zusammen. Für ich aber vorwiegend spürbar war die Liebe. Das sind persönliche Gespräche, die dann auch mal emotional werden können und dies vor laufenden Kameras… Ich bin dankbar für diese Zeit, da wir uns alle sehr verbunden gefühlt haben und ich so wunderbare Menschen neu kennenlernen durfte.

Wie sieht die Vorbereitung für so eine Show aus?

Ich habe an den neuen Versionen meiner Tauschsongs lange im Studio ausprobiert und getüftelt. Es geht genau darum, eine ganz eigene Version des bereits vorhandenen Songs zu schaffen und ich habe dabei definitiv auch meinen Spass gehabt.

Gabs ein Highlight?

Ich kann normalerweise nicht wirklich etwas mit Schlager anfangen. Da Vincent Gross jedoch mit dabei war, kam diese Challenge auf mich zu und ich mochte diesen musikalischen Ausflug überraschend gerne und hatte viel Spass meine Version zu performen.

Was steht als nächstes an?

Vieles! Neue Musik und endlich wieder einige live Gigs im Sommer. Und ich trete 2024 für die Schweiz beim ESC an, was auch eine absolut verrückte Vorstellung ist und ich die letzten Monate geheimhalten musste.

Nemo für die Schweiz und den ESC 2024:

5 schnelle Fragen

Wie sieht der perfekte Freitagabend aus?

Pasta essen mit Freunden.

Was ist deine musikalische Inspiration?

The Last Dinner Party

Liebster Film?

Ich geh echt fast wöchentlich ins Kino. Ein guter Horrorfilm, den ich letztens geschaut habe, war «Talk to me».

Dein liebstes Fashion Piece?

Meine riesigen, flauschigen, pinken Ohrschützer

Wie sieht ein Dateabend mit Nemo aus?

Wahrscheinlich auch irgendwo Pasta essen . Haha! Ich liebe Essen und die Freude daran dies mit anderen zu teilen. Ansonsten gute Gespräche. Ins Kino gehe ich nicht so gerne bei Dates.

Nemo Infobox

Nemo Interview ESC 2024, Nicht Binär, Non Binary Artists, Nemo In Love?
by Ella Mettler

Nemo (1999) ist in Biel geboren. Seit dem ersten grossen Hit «Du» ist Nemo aus der Schweizer Musikszene nicht mehr wegzudenken. Das musikalische Talent schreibt Songs, produziert sie teils selbst und arbeitet im Hintergrund auch für viele andere Küntsler:innen als Songwriter und Producer. Nemo hat nicht nur mehrere Swiss Music Awards, sondern auch einen Energy Music Award sowie den Prix Wallo gewonnen. Nemo identifiziert sich als nicht-binär. Aktuell lebt Nemo in Berlin, wo neue Songs entstehen und das queere Leben genossen wird. 2024 tritt Nemo für die Schweiz beim ESC an.

 


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