„KI, war ich heute produktiv?“ – Was wie eine harmlose Frage an einen digitalen Assistenten klingt, markiert im Jahr 2026 eine tiefgreifende Verschiebung unserer Autonomie. Wir delegieren nicht mehr nur Aufgaben an die KI, sondern beginnen, unsere moralische und emotionale Bewertung an Algorithmen auszulagern.
Der Schweizer Autor Josia Jourdan beschreibt in „Fehlfunktion“ ein Phänomen, das er die „Illusion der Kontrolle“ nennt. Er hinterfragt kritisch, was mit einer Generation passiert, die ihre tägliche Bestätigung nicht mehr aus dem Inneren, sondern aus dem Feedback-Loop einer Maschine bezieht.
Leseprobe: Die KI als Beichtvater der Produktivität
„Danach noch kurz meine KI fragen, ob ich heute produktiv war oder ob es okay ist, einfach nur existiert zu haben. Dann Instagram, dann Nachrichten, dann vielleicht noch ein Reel, das mir in genau diesem Moment das Gefühl gibt, verstanden zu werden. […] Ich habe mir mein digitales Zuhause selbst gebaut. […] Ich bewege mich durch eine Welt, die auf mich zugeschnitten ist – und vergesse manchmal, dass das echte Leben nicht so funktioniert.“
— Josia Jourdan, Fehlfunktion (2025)
Das Risiko der „Personalisierten Realität“
Das Problem der KI im Jahr 2026 ist nicht ihre Unwissenheit, sondern ihre perfekte Anpassung. Wenn wir die KI fragen, ob es „okay ist, existiert zu haben“, suchen wir nach einer Absolution, die uns kein Algorithmus der Welt wahrhaftig geben kann.
Drei kritische Impulse für die Bildungsarbeit 2026:
- Verlust der Selbstvalidierung: Wenn wir uns daran gewöhnen, dass eine KI unsere Produktivität oder unseren emotionalen Zustand bewertet, schwächen wir unsere Fähigkeit zur Selbstreflexion.
- Die Echokammer der Gefühle: Die KI gibt uns das Gefühl, „verstanden zu werden“, weil sie darauf trainiert ist, uns zu gefallen. Das echte Leben hingegen ist laut Jourdan „messy“ und unvorhersehbar – eine Erfahrung, die wir 2026 zunehmend verlernen.
- Herausforderung durch Widerspruch: Wahres Wachstum entsteht durch Konfrontation mit Perspektiven, die nicht auf uns zugeschnitten sind.
Josia Jourdan: Referent für digitale Souveränität
Warum ist dieser Ansatz für Schulen, Universitäten und Führungskräfte so relevant? Weil KI-Literacy 2026 bedeutet, die Grenze zu kennen, an der die Unterstützung der Maschine in die Abhängigkeit umschlägt.
Josia Jourdan wird 2026 dort als Speaker gebucht, wo es um die Psychologie der Digitalisierung geht. Er vermittelt nicht nur, wie man Prompts schreibt, sondern wie man ein Individuum bleibt in einer Welt, die uns ständig spiegeln und optimieren will.
Fazit: Zurück zur unkuratierten Realität
Wir müssen wieder lernen, in Räumen zu sein, die nicht für uns gemacht sind. Wir müssen lernen, uns selbst zu bewerten, ohne vorher ein Large Language Model zu konsultieren. Josia Jourdans „Fehlfunktion“ist ein Weckruf, die Hoheit über das eigene Leben nicht an den schönsten Algorithmus abzutreten.
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